So wird man heuer (sicher) zum Verlierer
Der bekannte Kärntner Philosoph, Psychotherapeut, Psychoanalytiker, Soziologe und Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick, ja der, der behauptet hat, dass „wir nicht nicht kommunizieren können“, hat in einem seiner Standardwerke „ Anleitung zum Unglücklichsein“ gute Tipps zur Selbstzerfleischung gegeben. Der Villacher Tourismusexperte Dr. Manfred Kohl hat in Anlehnung an Watzlawick neun Wege aus dem touristischen Jammertal entwickelt nach dem Motto „So wird man heuer zum Verlierer“.
Der Sommer 2009 wird schwierig. Das ist klar. Aber mit welcher Einstellung gehen Touristiker in die kommende Saison? Aufbruch oder Jammertal? Das ist eine Frage, die jeder selbst in der Hand hat.
Dass der Sommer 2009 schwierig wird, pfeifen mittlerweile alle Spatzen von den Dächern – wenn auch sehr unterschiedlich und oft widersprüchlich (wie erst unlängst auf der ITB der internationalen Tourismusbörse in Berlin). So gut wie jede touristische Veranstaltung beschäftigt sich mit diesem Thema und manche können das Wort „Krise“ gar nicht mehr hören. Von Schönreden, Angstmacherei, Kopf-in-den-Sand-stecken bis zu „Wir pfeifen auf die Krise!“ – alles findet man in der touristischen Rezessionsdiskussion.
Im Grunde gibt es ein einfaches Mittel gegen die Krise, nämlich den gesunden Menschenverstand – besser: Unternehmerverstand (oder auch: Managerverstand). Dieser ist aber schwer zu beschreiben. Daher beschränken wir uns darauf – ganz im Sinne von Paul Watzlawicks „Anleitung zum Unglücklichsein“ auf jene neuen Maßnahmen für Verlierer, die mit Sicherheit in rote Zahlen führen.
So geht es hier zur Krise - neun Wege ins Jammertal
1. Jammern Sie über die Krise!
Am besten gegenüber Mitarbeitern und Gästen. Gerade im Urlaub sucht man ein Time-Out aus dem Alltag (= Wirtschaftskrise etc.) und da holt der jammernde Kellner, Masseur und Unternehmer den Gast in die Realität zurück. Sie sollten auch selbst davon überzeugt sein, dass es bergab geht.
Gegenmittel: Halten Sie die Motivation hoch – bei sich und den Mitarbeitern. Gerade wir Touristiker schaffen eine entspannte Atmosphäre, eine fröhliche Stimmung, eine Auszeit aus der Krise! Punkten Sie mit guter Laune. Jammern zerstört die Gastlichkeit.
2. Die Krise Schönreden!
Das geht auch. Eine Krise? Bitte, wo ist hier die Krise? Wir spüren nichts davon! Das glaubt Ihnen erstens jeder und zweitens finden Sie sicher Mitstreiter, wenn es darum geht, Kosten zu psaren, Energien zu mobilisieren.
Gegenmittel: Stellen Sie sich der Krise. Ja, das ist eine Weltwirtschaftskrise, aber wir sind in keiner Krisenstimmung.
3. Augen zu und Durchtauchen!
Am besten nicht reagieren. Die Krise wird vorübergehen wie ein Gewitter, dann ist wieder alles beim Alten.
Gegenmittel: Jetzt erst recht! Mobilisieren Sie alle Reserven – von der Gästebetreuung über Marketing bis zu Kostensparen. Äußerste Wachsamkeit bei jedem Gästekontakt und jedem Euro. Wir strengen uns gerade jetzt besonders an – das Schätzen die Gäste.
4. Senken Sie die Preise!
Billig boomt, lesen Sie in der Zeitung. Alle wollen sparen. Na also, nicht wie herunter mit den Preisen, dann ist man wieder am Zug.
Gegenmittel: Preisköder auslegen ja, aber keine generellen Preissenkungen. Wer die Preise um zehn Prozent senkt, muss die Bettenauslastung um 17 Prozent erhöhen (und wer traut sich das heuer zu?), um das gleiche Betriebsergebnis zu erreichen. Jetzt am Preis drehen, rächt sich, wenn die Krise vorbei ist.
5. Großzügig Entnahme für Privates!
Mitarbeiter und Gäste – und auch die Bank – sie alle sollen sehen, dass es uns gut geht – ein neues großes Auto vor der Tür, ein Luxusurlaub.
Gegenmittel: Wer von den Mitarbeitern mehr Einsatz und Kostensparen erwartet und von Geschäftspartnern Krisenzugeständnisse fordert, geht mit gutem Beispiel voran.
6. Lassen Sie die Bank im Dunkeln!
Die Bilanz 2008 hat Zeit, aktuelle Monatsabschlüsse? Der Blick auf das Kontokorrentkonto reicht. Die Bank wird sich melden, wenn sie was wissen will.
Gegenmittel: Machen Sie die Bank (und andere Lieferanten) zu ihren Verbündeten. Die Bank als Finanzierungspartner aktuell über die wirtschaftliche Situation und die Gegenmaßnahmen informieren. Das ist gut für die Soft Facts und damit für das Rating. Außerdem könnte man die Bank bei einem Liquiditätsengpass brauchen.
7. Das Konzept ja nicht in Frage stellen!
Schon gar nicht in der Krise. Jede Veränderung kann schaden. Jetzt nur nicht auffallen. Neue Ideen könnten Gäste verschrecken und Kosten verursachen.
Gegenmittel: Nutzen Sie die Krise, um einmal innezuhalten, nachzudenken und das Geschäftskonzept kritisch zu prüfen. Der Krise mit Fachwissen begegnen. In den letzten Krisen haben wir gelernt: Man kann aus Krisen gestärkt hervorgehen! Jetzt die Basis für einen langfristigen und nachhaltigen Erfolg schaffen. Klare Positionierung – klare Angebote.
8. Reduzieren Sie Ausgaben für Sales & Marketing!
Bei Verkauf und Marketing lässt sich am leichtesten sparen – und man weiß ja ohnehin nie genau, welche Wirkung man damit erzielt. Ohne Marketing kann man schon eine Zeit lang auskommen – wir sitzen die Krise aus.
Gegenmittel: Die Sales & Marketing Ausgaben checken. Sind wirklich alle Mittel zielsicher eingesetzt? Ist eine Ausgabenumschichtung zum Online-Marketing nicht wirkungsvoller? Klappt die Suchmaschinen-Optimierung? Sind beim Stammgästemarketing noch Reserven? Vielleicht ergibt sich daraus sogar eine Kostenreduktion …
9. Hoffen Sie auf die Regierung, die Österreichwerbung und dem Tourismusverband!
Die neue Regierung, die Österreich Werbung mit mehr Budget, der Tourismusverband … da müssen Aktionen gesetzt werden. Der Einzelne alleine kann gegen die Krise nichts ausrichten.
Gegenmittel: Verlassen Sie sich nie auf andere sondern nützen Sie die Möglichkeiten, die Ihnen selbst gegeben sind. Schulen Sie Ihre Mitarbeiter auf Zusatzverkäufe, entwickeln Sie einen Telefon-Marketing-Plan für zögernde Stammgäste, beantworten Sie Gästeanfragen schneller als andere … es gibt viele eigene Wege gegenzusteuern.
Aufbruch oder Jammertal? Das ist die Frage, die jeder selbst in der Hand hat.
Dr. Manfred Kohl
Kohl & Partner Tourismusberatung GmbH
Bahnhofstraße 8, 9500 Villach
Telefon: 0043 – (0)4242 - 21123
E-Mail: manfred.kohl@kohl.at