AMTSsachVERSTAND
Im Streit um die per Gesetz vorgeschriebene Bienenrasse in Kärnten steht ein „heißer Herbst“ ins Haus.
Da wurde anlässlich der „2. Bienenplaudereien und Honiggespräche“ am Buchhof in St. Gertraud ein Historikerbericht vorgestellt, der sich mit der NS-Vergangenheit des österreichischen Bienenwissenschaftlers Friedrich Ruttner beschäftigt, der nachweislich im Dritten Reich als Erbbiologe und Rassenhygieniker tätig war. Der zuständige Landesrat meinte dazu in einer Zeitung, dass Ruttners Kriterien, nach denen zwischen Carnica-Biene und Nicht-Carnica unterschieden wird, auf fachlichen und wissenschaftlichen Grundätzen und nicht auf ideologischen beruhen, die mittlerweile von allen Gerichtsinstanzen bestätigt wurden und es gäbe daher keinen Anlass zur Änderung des Kärntner Bienenwirtschaftsgesetzes. Allerdings, was der zuständige Politiker nicht wusste, fand bereits zwei Tage vorher eine weitere Verhandlung gegen einen Oberkärntner Imker vor dem Kärntner Verwaltungsgericht statt, die ein völlig neues Licht auf die komplizierte Materie der Feststellung der Bienenrasse wirft.
Am ersten Verhandlungstag hatte der Oberkärntner Imker als Beschwerdeführer 27 Fragen bezüglich des Gutachtens der bienenkundlichen Amtssachverständigen des Landes stellen wollen. Die Richterin ließ zuerst die Fragen nicht zu, revidierte dann allerdings ihre Meinung, und forderte den Beschwerdeführer auf die Fragen schriftlich zu stellen und terminisierte eine zweite Verhandlung – vier Wochen später – damit sich die Amtssachverständige mit den Fragen auseinandersetzen kann. Zwar wurden diesmal wieder fünf Fragen von der Richterin nicht zugelassen und auch die Beiziehung eines Körmeisters, als bienenfachkundige Person zur Unterstützung der Argumente des Beschwerdeführers untersagt - „dieser wurde bereits in der ersten Verhandlung als Zeuge gehört“ – aber trotzdem kamen viele Ungereimtheiten ans Licht.
So musste die bienenkundliche Amtssachverständige des Landes, die immer wieder gebetsmühlenartig wiederholte „die Methoden der Rassenfeststellung bei Bienen nach Ruttner seien Stand der Technik“, zugeben, dass sie und ihre beeideten Sachverständigen gar nicht die Ruttnersche Methode der Rassenbeurteilung anwenden, nach der vier Merkmale nämlich Panzerfarbe, Filzbindenbreite, Haarlänge und Cubitalindex herangezogen werden. Die Amtssachverständige geht nach einem „Schnellverfahren“ vor. Sie und ihre Sachverständigen beurteilen nur die Panzerfarbe. Und auch hier geht man von Schätzungen aus, denn der in Gesetzeserläuterungen Prozentsatz andersfärbiger Bienen wird nicht exakt festgestellt. Auf die Frage woher sie diese Methode der Rassenfeststellung habe, antwortete die Amtssachverständige, dass sie mündlich mit Fachleuten gesprochen habe und keineswegs schriftliche Quellen verwendet habe. Die Namen der Fachleute wollte sie nicht nennen. „Mein Schnellverfahren ist ausreichend – gelbe Lederringe sind ein eindeutiges Zeichen, dass es keine Carnica-Bienen sind.
Auf die Argumente des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers, dass Ruttner vier Merkmale für die Rassenbestimmung vorschreibt, eine Untersuchung nach seiner Methode über eine Woche dauert, nach dem obersten Nazi-Imker Gottfried Goetze fünf Merkmale vorhanden und nach der Schweizer Bienenwissenschaftlerin Gabriele Soland sogar 36 Merkmale herangezogen werden müssen um eine optische Rassenbestimmung nach Stand der Technik durchzuführen, wurde nicht eingegangen.
Um Gabriele Soland und den deutschen Bienenkundler Kaspar Bienefeld, der als Berater bei der Entstehung des Kärntner Bienenwirtschaftsgesetz mitwirkte, zu der von der Amtssachverständigen mit dem „Schnellverfahren“ vorgenommen Rassenfeststellung zu befragen wurde die Sitzung unterbrochen. Nach der Wiederaufnahme der Verhandlung wurde allerdings diese, vom Beschwerdeführer gewünschte Befragung, von der Richterin abgewiesen und nicht durchgeführt. Das Urteil erfolgt schriftlich.
Egal wie das Urteil der Richterin ausfallen wird, es bleibt, nach diesen Verhandlungen der bittere Beigeschmack, dass in diesem Fall das „Recht der Politik“ folgt. Die Amtssachverständige für Bienenzucht und Bienenhaltung des Landes Kärnten kann keine fachliche Ausbildung als Körmeisterin, wie im K-BiWG vorgeschrieben ist, vorweisen. Über die im §14 des K-BiWG mögliche „gleichwertige Ausbildung in Fragen der Bienenzucht und Bienenhaltung oder gleichwertige Ausbildung mit Berufspraxis“, auf welche die Amtssachverständige in den beiden Verhandlungen hingewiesen hat, wird sicher noch für Gesprächsstoff sorgen. Dass die Amtssachverständige sich in ihren Begutachtungen über die Bienenrasse zwar auf die Methoden des NS-Rassenhygienikers und Genbiologen Friedrich Ruttner beruft, diese Methode als Stand der Technik bezeichnet, in der Praxis aber ein „Schnellverfahren“ anwendet bei dem nur der Prozentsatz nicht grauer Bienen geschätzt wird, darf wohl hinterfragt werden. Interessant wäre es auch zu erfahren, wer die drei „Fachleute“ waren, mit denen die Amtssachverständige gesprochen hat, die ihr diese Methode des Schnellverfahrens zur optischen Rassenbestimmung von Bienen, als fachlich richtig und einwandfrei, „verklickert“ haben. Und wie kann es dazu kommen, dass Bezirksverwaltungsbehörden bei der Ankündigung von Bienenrassenkontrollen schriftlich darauf hinweisen, dass nach der zeitlich aufwendigen Methode Ruttners, es werden Panzerfarbe, Filzbindenbreite, Haarlänge und Cubitalindex beurteilt, vorgegangen wird, in der Praxis aber nur eine „Schätzung“ der Anzahl nicht grauer Bienen erfolgt? Wie kann es geschehen, dass EU-Verträge in denen Carnica-Bienen verankert sind, wie in Slowenien – und andersfarbig als grau beschrieben werden – nicht als Beweismittel gewürdigt werden?
Pamphletius
im Oktober 2019