TRAINERstunde
Das Trainerkarussell in der deutschen Fußball Bundesliga hat sich in den letzten Wochen äußerst rasch gedreht. Ausgelöst unter anderem durch den „überraschenden“ Wechsel von Meistermacher Felix Magath von Champions-League-Teilnehmer Wolfsburg zum, nicht im internationalen Geschäft vertretenen, Revier-Klub Schalke 04. Im Sog des Abgangs von Magath gab es einige „merkwürdige Veränderungen“ in den Trainerstäben der Bundesligisten. Martin Jol wechselte vom Hamburger zu Ajax Amsterdam, dafür Bruno Labbadia von Leverkusen zum HSV, Jupp Heynckes von Bayern München zu Bayer Leverkusen, Michael Skibbe statt Friedhelm Funkel in Frankfurt, Zvonimir Soldo statt Christof Daum in Köln, Michael Frontzek von Arminia Bielefeld zu Borussia Mönchengladbach, wo Hans Meyer terotz laufenden Vertrages demissionierte und schließlich landete Louis van Gaal als Nachfolger von Jupp Heynckes bei den Bayern. Nur wenige dieser Trainerwechsel erfolgten programmgemäß wegen ausgelaufener Verträge.
Neben Magath flüchteten Labbadia, Jol, Meyer und auch Daum vor ihren Arbeitgebern. Dieses ganze Wechselspiel mit geldgierigen Trainern zu erklären wäre einfach, aber entspricht sicher nicht der ganzen Wahrheit. Das Beispiel Magath und Wolfsburg hat gezeigt was möglich ist wenn die wichtigsten sportlichen Kompetenzen in einer Hand vereint sind. Das Paket Wolfsburg – Magath, die Konstellation Trainer und Sportdirektor in einer Person hat gut funktioniert wie der Meistertitel der VW-Werksmannschaft eindeutig beweißt.
Felix Magath, über dessen Trainingsmethoden Sportwissenschafter und andere Fußballexperten geteilter Meinung sind, hat nicht nur die Bayern in der Meisterschaft mit 5:1 auf dem Spielfeld sportlich gedemütigt, noch schallender war die Ohrfeige in Richtung Bayern- Management.
Innerhalb von zwei Jahren hat Magath eine Mannschaft entwickelt die Meister wurde, hat geschickt Spieler gekauft, die zur Mannschaft und die zu seinem Spielsystem gepasst haben. In dieser Zeit gelang es dem Rekordmeister aus München mit der geballten Fußballkompetenz von Franz Beckenbauer, Karl-Heinz Rummenigge, Paul Breitner und Uli Hoeness im Rücken, nicht einen Nachfolger für den verletzungsanfälligen, französischen Weltmeister Willi Sagnol als rechten Außenverteidiger zu finden. Massimo Oddo, italienischer Weltmeister (er spielte allerdings nur 23 Minuten bei der WM), erwies sich als „schlechtester“ rechter Außenverteidiger der letzten Bundesliga-Meisterschaft, die rechte Abwehrseite der Bayern war laut Sportbild nicht bundesligatauglich.
Gewiss die Bayern-Saurier haben viel geleistet für den deutschen Fußball und auch international, doch den richtigen Blick für Spieler, Positionen und Systeme scheinen sie verloren zu haben. Die Bayern Philosophie ist eine wirtschaftstechnische, denn schon seit vielen Jahren kann man im Spiel der Bayern wenig Philosophie und noch weniger Teamgeist sehen. So gut wie nicht erkennbar ist ein ausgereiftes Spielsystem, dass bei den anderen europäischen Spitzenteams, sieht man von Real Madrid ab, zu sehen ist.
Bayern und Real Madrid haben viel gemeinsam. Beide spielen Fußball ohne Konzept, wollen schön spielen und immer gewinnen. Beide haben es in der letzten Saison nicht geschafft den nationalen Meistertitel zu holen. Beide waren in der letzten Saison nie Tabellenführer. Beide krallen sich krampfhaft an Erinnerungen an erfolgreichere Tage und glauben allein, mit spektakulären Transfers die Schlagzeilen bestimmen zu müssen. Zur Ehre der Münchner sei allerdings erwähnt, dass sie eher eine konservative Finanzpolitik machen und nicht wie Madrid ins Blaue hinein wirtschaftet.
Jahrelang haben die Bayern-Manager den deutschen Transfermarkt beherrscht, geschickt die Gegner geschwächt in dem sie ihnen die besten Spieler abgeworben haben, Spieler die nicht in die Mannschaft passten wie zuletzt Lukas Podolski und Tim Borowski.
Die Bayern sind der Ligakrösus in Deutschland, speziell wirtschaftlich. Wie sie sportlich zu knacken sind hat heuer Wolfsburg bewiesen und auch Stuttgart sowie Bremen in den letzten Jahren, denen es mit billigeren Mannschaften ab und zu gelang den Bayern den Meistertitel wegzuschnappen. Teams wie die Bayern, bei denen Geld vor Teamgeist und Spielsystem steht, können nur mit wirklich homogenen Einheiten besiegt werden. Homogen nicht nur auf dem Spielfeld sondern auch im Management mit einer ausgereiften, stabilen Philosophie. Werder Bremen zum Beispiel ist es in den letzten Jahren immer wieder gelungen Spieler, die auch in die Mannschaft passten, groß herauszubringen.
Harmonie heißt auch im Profifußball das Zauberwort. Harmonie kann man nicht kaufen und auch nicht befehlen. Harmonie ist eine sensible Pflanze die Pflege und Zeit bedarf. Das dürften mittlerweile auch ein paar „geldgierige Trainer“ erkannt haben, die vor sich abzeichnenden, unüberbrückbaren Konflikten zwischen sportlicher Leitung, dem Management und den Geldgebern geflohen sind.
Die Zeiten in denen Trainer willige Vollzugsorgane der Funktionäre waren scheinen bald vorbei zu sein. Die neue Trainer Generation lässt sich nicht mehr manipulieren, wenn es darum geht, dass sie ihrer Spiel- und Trainingsphilosophie treu bleiben. Geldgierig sind eher jene, die jeden Trainerjob annehmen, Hauptsache es wird ordentlich gezahlt. Da nimmt man anscheinend gern das „Schmerzensgeld“ namens Trainergage in Kauf, seine Philosophie aufzugeben, vorausgesetzt man hat überhaupt eine.