Kampf gegen Alkoholmißbrauch
Sie randalieren auf der Straße, fallen in der Schule auf oder landen sogar bewusstlos im Krankenhaus. Alkoholkonsumierende Jugendliche werden immer mehr zum Thema in den Medien. Und die Zahlen über den Missbrauch von Alkohol bei Kindern und Jugendlichen sprechen eine eindeutige Sprache: „Nicht nur, dass 41 Prozent der 15-jährigen Burschen und 32 Prozent der Mädchen regelmäßig trinken. Allein im Landeskrankenhaus Klagenfurt werden pro Jahr etwa 100 Kinder mit Alkoholvergiftung behandelt“, berichtet Kärntens Gesundheitsreferent LR Peter Kaiser. Der höchste im LKH Klagenfurt gemessene Promillegehalt, betrug lebenbedrohliche vier Promille – bei einem Zwölfjährigen!
Kaiser präsentierte im Rahmen einer Pressekonferenz gemeinsam mit Barbara Drobesch-Binter von der Landestelle für Suchtprävention, dem Verein Neustart und Ärzten aus dem LKH Klagenfurt ein neues, österreichweit einzigartiges Projekt, mit dem dem Alkoholmißbrauch bei jungen Kärntnerinnen und Kärntnern zu Leibe gerückt werden soll.
„GrenzWert“ lautet der Titel des Projekts, das sich Eltern und an Jugendliche im Alter zwischen 12 und 17 Jahren richtet, die aufgrund ihres riskanten Alkoholkonsums ins Krankenhaus eingeliefert werden. Im Rahmen eines ersten Informationsgespräches werden dabei Jugendliche und deren Eltern bereits im Krankenhaus motiviert, das Angebot von GrenzWert in Anspruch zu nehmen. Danach erfolgt die Kontaktaufnahme durch den Verein Neustart sowie die Abklärung, welche Maßnahmen für die Betroffenen sinnvoll sind. Für Eltern wird ein Beratungsgespräch angeboten. Die Jugendlichen können sich entscheiden zwischen Einzelberatung (6 Einheiten zu je einer Stunde innerhalb von 2-3 Monaten) und einem Gruppenangebot (3 Gruppentreffen zu je 3 Stunden), wobei das Gruppenangebot geblockt stattfindet und auch erlebnispädagogische Elemente (z.B. Klettergarten) beinhaltet.
„Ausgangspunkt war, dass es für diese Jugendlichen und deren Eltern kein entsprechendes Hilfsangebot gibt. Das Projekt GrenzWert ist kostenlos und richtet sich daher vor allem an jene Jugendliche, die direkt im Krankenhaus auf das Angebot aufmerksam gemacht werden. Hier ist die Bereitschaft Hilfe anzunehmen noch am ehesten gegeben“, erklärt Kaiser.
GrenzWert biete rasche Unterstützung für Eltern und Jugendliche, Informationen zum Thema Alkohol, Jugendlichen die Möglichkeit, das eigene Risikoverhalten besser einzuschätzen, Jugendlichen den Raum, Grenzen, die sonst versuchen durch Alkoholkonsum kennenzulernen, zu erkennen sowie Verantwortung für sich und andere zu übernehmen, die Gelegenheit, einen angemessenen Umgang mit Alkohol zu entwickeln, ein erlebnispädagogisches Angebot sowie weitere Unterstützung bei Bedarf.
„Es gibt seit 2004 einen bundesweiten Anstieg der rauschbedingten Krankenhausaufnahmen bei Jugendlichen. Als gründe werden angenommen, dass aufgrund einer generellen Tendenz Entwicklungsprozesse früher stattfinden, Jugendliche auch immer früher zu konsumieren beginnen und somit auch „Räusche“ früher stattfinden. Hinzu kommt, dass im Zuge der „europäischen Konvergenz der Trinkgewohnheiten“ bei sinkendem Gesamtalkoholkonsum der Bevölkerung das Ausmaß des Rauschtrinkens bei Jugendlichen zunimmt“, so Barbara Drobesch-Binter (LSP).
„Unser Ziel ist es, Jugendliche frühzeitig zur Reflexion und Reduktion ihres Alkoholkonsums zu motivieren“, so Kaiser, der unterstreicht: „Wenn wir nur einem Kind oder jugendlichen mit diesem projekt helfen können und vor weiterfolgenden negativen gesundheitlichen Auswirkungen zu bewahren, ist das Projekt ein Erfolg!“ Die Dauer des Projektes ist vorerst auf ein Jahr beschränkt. Sollte es gut angenommen werden ist eine Erweiterung auf ganz Kärnten erstrebenswert.
Oberarzt Dr. Martin Edlinger, Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde am LKH Klagenfurt: „Besorgniserregend ist die auffallende Verjüngung der alkoholmissbrauchenden Jugendlichen, die ins Krankenhaus eingeliefert werden. Waren es früher 17 jährige, so sind es heute Elf- und Zwölfjährige, die mit 2 bis 2,5 Promille eingeliefert werden. Der Höchstwert betrug sogar knapp über vier Promille. Mit dem Projekt GrenzWert gibt es erstmals die Chance den Jugendlichen auch nach der medizinischen Erstbehandlung zu helfen!“
Oberarzt Dr. Rudolf Winkler, Abteilung für Neurologie und Psychiatrie des Kindes- und Jugendalters am LKH Klagenfurt: „Es gibt einen großen Informationsbedarf bei Kindern, Jugendlichen und deren Eltern, was die gesundheitlichen Folgen von Alkoholmissbrauch betrifft. Je früher mit Alkoholkonsum begonnen wird, desto höher ist das Risiko von schweren Folgeschäden. Umso wichtiger ist das Projekt GrenzWert, das auf eine Sensibilisierung des Risikobewusstseins der Jugendlichen abzielt und entsprechende Strategien für einen sinnvollen Umgang damit anbietet.“
Oberarzt Dr.Wolfgang Wladika, interimistischer Leiter der Abteilung für Neurologie und Psychiatrie des Kindes- und Jugendalters am LKH-Klagenfurt: „GrenzWert ist eine moderne Form der zielgruppenorientierten Suchtprävention mit adäquaten Angeboten ohne erhobenen Zeigefinger. Durch die intensive Netzwerkarbeit werden Kontakte und Ressourcen zum Wohle der Patienten verknüpft und gebündelt.“
Alfred Gschwendner, Neustart Kärnten: „Durch unsere Arbeit mit Cannabiskonsumenten wissen wir, dass wir mit den Methoden, die auch GrenzWert prägen, 85 Prozent der Jugendlichen ihren Konsum erheblich einschränken oder ganz beenden. Prävention, wie durch das Projekt GrenzWert, ist eine wertvolle und richtige Investition, weil dadurch viel Geld für Folgekosten gespart werden kann.“
GrenzWert ist Teil eines ganzen Maßnahmenbündels, das von Gesundheitsreferent LR Kaiser in Auftrag gegeben wurde, um den alarmierenden Fakten entgegenzuwirken und Jugendliche rechtzeitig „aufzufangen“.
Angesetzt wird auf 4 verschiedenen Ebenen:
Für Eltern gibt es:
· Die Informationsbroschüre „Über Alkohol reden“
· Elterninformationsabende können jederzeit über die Landesstelle Suchtprävention gebucht werden
· Beratungsgespräche für Eltern sind jederzeit möglich
Für Schulen:
· Die Landesstelle Suchtprävention bietet Seminare für PädagogInnen an, wie das Thema Alkohol altersadäquat bearbeitet werden kann und betreut und begleitet PädagogInnen bei der Durchführung von Projekten
· Das Handbuch „X-Act-Alkohol“ bietet Sachinformationen und methodische Beispiele für die Aufarbeitung im Unterricht
· Für Projekt-Klassen werden Spezialworkshops zum Thema „Rausch + Risiko“ angeboten
· Für sogenannte „Anlassfälle“ wurde in Kooperation mit dem Landesschulrat für Kärnten ein Handlungsleitfaden erarbeitet, ebenso wird ein professionelles Coaching für Schulen angeboten
Für Gemeinden gibt es Empfehlungen für Maßnahmen zur Einhaltung des Jugendschutzes sowie die Möglichkeit zur Anmietung der Sansibar (= Barvorrichtung zur Bewerbung alkoholfreier Cocktails inkl. Rezepten)
Für Jugendliche gibt es Informationsmaterialien und Intensivworkshops zum Thema Rausch + Risiko, mit dem Ziel einen reflektierten Umgang mit Alkohol zu bekommen.
Infos: www.suchtvorbeugung.ktn.gv.at und www.neustart.at